Lesbos, Kara Tepe & Co: für eine Weile war die Situation der Geflüchteten überall präsent. Spätestens seit Corona ist die öffentliche Aufmerksamkeit jedoch weg von den EU-Außengrenzen. Lasst uns zusammen sinnvoll spenden für eine besondere Hilfsinitiative, die sich für die medizinische Versorgung von Geflüchteten an den EU-Außengrenzen einsetzt: Medical Volunteers International e.V.
Unsere Seifen bringen wichtige finanzielle Hilfe
Mit unserer soap for hope Handseife spenden wir 1€ pro Stück an Medical Volunteers International e.V.
Wir freuen uns sehr, heute mit Verena, Johannes und Paolo von Medical Volunteers International (MVI) zu sprechen und aus erster Hand zu erfahren, was MVI als Hilfsorganisation an den EU-Außengrenzen aktuell erleben und warum Spenden gerade jetzt so wichtig ist
Hallo ihr drei, erklärt doch mal kurz, was Medical Volunteers International ist und was ihr genau in Griechenland und Bosnien für Geflüchtete tut
Verena: Medical Volunteers International ist mit seinen Teams im Einsatz, um Geflüchtete medizinisch zu versorgen und auch psychologische Unterstützung zu bieten. Freiwillige Mediziner:Innen und psychologische Fachkräfte geben ihre Zeit und Fähigkeiten, um die menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen Geflüchtete (über)leben müssen, zumindest ein wenig zu verbessern. In Griechenland helfen wir Geflüchteten in Athen, Lesbos, Thessaloniki und auch im Norden Bosniens sind unsere Mediziner:Innen im Einsatz um allgemeinmedizinische Hilfe anzubieten. Sie behandeln Patient:Innen im Wald, in verfallenen Häusern, in angemieteten Räumlichkeiten oder auch auf der Straße. Ärzt:Innen, Krankenpfleger:Innen und Medizinstudent:Innen sind dabei gemeinsam mit Übersetzer:Innen aus der Geflüchteten-Community im Einsatz
Warum sind Spenden gerade heute so sinnvoll und wichtig für euch?
Verena: Geflüchtete werden kaum noch gesehen, kaum noch gehört. Sie verharren an den europäischen Außengrenzen, wie Griechenland, Bosnien und anderen Ländern, nach wie vor unter menschenunwürdigen Bedingungen. Medien und Politik schweigen hierzu. Das macht auch das Helfen deutlich schwieriger
Johannes: Ein Großteil der Schutzsuchenden hat inzwischen eine zweistellige Anzahl an versuchten Grenzübertritten hinter sich, die alle in illegalen Rückführungen endeten. Die physischen und psychischen Folgen dieser Abschottungspolitik erleben wir täglich im Kontakt mit unseren Patient:innen, von Schlagstockhieben über Panikattacken bis hin zu Suizidversuchen. Viele unserer Patient:innen sind Familien aus Afghanistan. Sie sehen mit Grauen die Machtübernahme der Taliban, die Alternativlosigkeit ihrer Flucht nach Europa steht den Menschen oft ins Gesicht geschrieben
Wir alle haben noch die Bilder des brennenden Camps Moria im Kopf. Wie ist die Lage heute auf Lesbos? Was steht im Fokus eurer Arbeit dort?
Verena: Im neuen Camp Mavrovouni (auch bekannt als: Kara Tepe 2 oder Moria 2) mangelt es nach wie vor an Basisinfrastruktur wie Toiletten und Duschen. Du sprachst vorhin von “sinnvoll spenden”. Das ist treffend formuliert, weil es hier wirklich an allem fehlt! Aktuell leben in diesem Camp ca. 3.000 Menschen. Unser Team von ca. 12 Mediziner:innen versorgt die Menschen im Camp bei allgemeinmedizinischen Beschwerden
Mit unserer Soap for Hope spenden wir für eure Arbeit. Was genau behandeln eure Mediziner:innen hauptsächlich?
Verena: Im Rahmen unserer allgemeinmedizinischen Hilfe auf Lesbos sehen wir umfassende Krankheitsbilder: von Kopfschmerzen oder Erkältungen bis hin zu Krätze. Häufig sind die körperlichen Beschwerden aber auch ein seelischer Hilferuf der Menschen. Neben den bereits traumatisierenden Erfahrungen in den Herkunftsländern und auf der Flucht haben die Lebensbedingungen vor Ort und die abgelehnten Anträge in den letzten Monaten bei vielen Geflüchteten weitere Ängste und Stress verursacht. Zudem handelt es sich bei Mavrovouni um eine Art geschlossenes Camp, d.h. den Geflüchteten ist es nur einmal pro Woche für einen begrenzten Zeitraum möglich, diesen Ort zu verlassen. Um unter diesen mehr als herausfordernden Lebensbedingungen auch mentale Unterstützung anzubieten, hat MVI seit einem Jahr zwei Projekte gestartet: eines zur psychologischen Unterstützung von Erwachsenen und ein weiteres für die Förderung der mentalen Gesundheit von Kindern & Jugendlichen. Viele der Spenden, die wir erhalten, fließen in die Finanzierung dieser Projekte. Vor allem Kinder haben durch den Brand von Moria im September 2020 traumatisierende Erlebnisse machen müssen. Unser Team internationaler psychologischer Fachkräfte und Unterstützer:Innen aus der Geflüchteten-Community versuchen mit den Kindern auf spielerische Art und Weise ihre Emotionen und Erfahrungen aufzuarbeiten
Paolo: Rund 800 Kinder und Jugendliche müssen derzeit unter schrecklichen Bedingungen im Mavrovouni Flüchtlingslager auf Lesbos leben. Vielen von ihnen leider unter psychologischen Problemen, hervorgerufen durch die traumatisierenden Erlebnisse mit denen sie entweder in ihrem Heimatland, auf dem gefährlichen Weg durch Europa, oder beidem, konfrontiert wurden. Andere sind schwer belastet durch die menschenunwürdigen Lebensbedingungen und die fehlenden Notwendigkeiten im Moria Camp, sowie durch traumatische Erlebnisse, wie den Brand, der das Camp in 2020 zerstörte und die folgenden Wochen, während denen rund 13.000 Menschen auf der Straße leben mussten bis das neue Camp aufgebaut wurde. Kinder und Jugendliche, die an dem Projekt teilnehmen, zeigen oft Anzeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung, wie beispielsweise Alpträume und Schlafprobleme, Bettnässen, Stottern, Reizbarkeit und das Fehlen positiver Emotionen. Mit dem Projekt hoffen wir, den Kindern dabei zu helfen, ihr Belastbarkeits-Level und ihre interaktiven Kompetenzen zu verbessern und ihnen wieder ein Leben als Kind zu ermöglichen. Außerdem bieten wir Hilfsgruppen für die Eltern an, in den sie anhand von Psychoedukation lernen können mit ihren Kindern umzugehen und ihnen wichtige Fähigkeiten mitzugeben
Die Situation in Bosnien scheint sehr undurchsichtig. Was erlebt ihr hier und wie können wir mit unserer "helfen und schenken" Aktion einen Beitrag leisten?
Verena: Direkt an der Grenze Europas zu Kroatien ist die Situation dramatisch. In Bosnien leben aktuell ca. 8.000 Geflüchtete, die (oftmals vergeblich) versuchen über die sogenannte „Balkanroute“ die Grenze nach Europa zu überqueren. Regelmäßig wird berichtet und dokumentiert, dass Geflüchtete von der Grenzpolizei daran gehindert werden, die Grenze nach Kroatien zu überqueren und damit ihres Rechtes auf Asyl beraubt werden. Dieses Vorgehen wird als illegaler „Push-Back“ bezeichnet. Oftmals erfolgt dies auf sehr brutale Art und Weise, die Spuren von Gewalt bekommen unsere Mediziner:Innen in Bosnien regelmäßig zu sehen. Geflüchtete leben dort in verfallenen Häusern oder Fabrikgebäuden, teilweise auch in Zelten im Wald. Auch in den bevorstehenden Wintermonaten mit bis zu minus zehn Grad müssen die Menschen an diesen Orten leben. Es ist ein reines Überleben. Das Team von MVI besucht Geflüchtete auf Anfrage und ermöglicht so wenigstens eine gewisse medizinische Versorgung. Mit den Spendengeldern können wir auch diese wichtige Arbeit mitfinanzieren
Wie kann man euch am besten unterstützen bzw. wie ist es am sinnvollsten zu spenden?
Verena: Wir sind stolz, dass unsere Initiative inzwischen jährlich 300 internationale Freiwillige umfasst, die jedes Jahr etwa 48.000 Menschen medizinisch versorgen. Ein starkes und hoffnungsvolles Zeichen, dass die Zivilgesellschaft bereit ist zu helfen - dort, wo Hilfe gebraucht wird. Um unsere Arbeit auch weiterhin fortführen zu können, sind wir auf Spenden angewiesen. Jeder Euro zählt. Egal ob ihr selbst spendet, die soap for hope Seifen von terrorists of beauty kauft oder die Info in eurem Bekanntenkreis teilt, zusammen können wir viel bewegen!
Fotos von:
Romain Kosellek, Heidrun Henke, QRT photography school
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